Rundfunkgeschichte vom 26. März
Die US-Bürgerin Mildred Gillars wird am 26. März 1949 in Washington, D.C. verurteilt, weil sie als Radiopropagandistin für die Nazis gearbeitet hat. Bekanntgeworden ist sie unter dem Namen „Achsen-Sally“, da als Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg die Verbündeten des Deutschen Reichs bezeichnet wurden.
Des Landesverrats schuldig befunden wird sie von den Geschworenen in einem von acht Anklagepunkten und zu 10 bis 30 Jahren Gefängnis sowie einer Geldstrafe von 10000 US-Dollar verurteilt. Die erste Anhörung zur Haftaussetzung soll 10 Jahre später stattfinden. Tatsächlich verbüßt sie 12 Jahre hinter Gittern.
Die Ankläger hatten ihr vorgeworfen, als US-Amerikanerin einen Treueeid auf eine fremde Macht geschworen und sich einer falschen Identität als Rotkreuz-Mitarbeiterin bedient zu haben, um Soldaten zu befragen und die Informationen zu Propagandazwecken zu benutzen. Ihre Anwälte hatten argumentiert, dass ihre Radiosendungen zwar eine unpopuläre Meinung wiedergaben, diese aber nicht das Niveau eines Landesverrats erreicht hätten.
Mildred Gillars kommt 1934 nach Dresden, um Musik zu studieren. 1940 wird sie als Sprecherin beim Reichsrundfunk angestellt. In der ersten Zeit sind ihre Sendungen weitgehend unpolitisch. Das änderte sich, als sie für eine neue Sendung namens „Home Sweet Home“ engagiert wird. Das Propagandaprogramm ist auf die amerikanischen Soldaten in Europa zugeschnitten. Ein ständiges Thema dieser Sendungen ist die Untreue der Ehefrauen und Geliebten der Soldaten, während diese, also die Zuhörer der Sendung, in Europa und Nordafrika stationiert sind.
Schon bald erhält sie von den Soldaten, die ihre Sendungen hören, verschiedene Namen, darunter Berlin Bitch, Berlin Babe, Olga und Sally, der am weitesten verbreitete war „Axis Sally“. In weiteren Sendungen spielt sie Musik, die mit Propaganda, antisemitischer Rhetorik und Angriffen auf die US-Politik vermischt ist. In Angst und Schrecken versetzt sie Zuhörer in den Vereinigten Staaten, als sie Informationen über verwundete und gefangene US-Piloten verwendet. Sie bleibt bis zum Ende des Krieges in Berlin, ihre letzte Sendung wird zwei Tage vor der deutschen Kapitulation ausgestrahlt.
Nach Kriegsende wird Mildred Gillars von den Alliierten mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt. Sie kommt für einige Wochen ins Krankenhaus und dann bis Weihnachten 1946 in ein Internierungslager, aus dem sie mit einem Ausweis für den französischen Sektor in Berlin entlassen wird. Als sie nach Frankfurt fährt, um ihren Ausweis verlängern zu lassen, wird sie verhaftet und 1948 in die USA ausgeflogen.
Mildred Gillars verbüßt ihre Strafe im Frauengefängnis von Alderson in West Virginia. Eine berühmte andere Insassin wegen Landesverrats ist Iva Ikuko Toguri D’Aquino, die unter dem GI-Pseudonym „Tokyo Rose“ bekannt geworden ist. 1959 verzichtet Mildred Gillars auf ihr Recht auf bedingten Straferlass und bleibt lieber im Gefängnis, da sie sich als Außenseiterin sieht und den Spott ihrer Landsleute fürchtet. Zwei Jahre später wird sie dann auf eigenen Antrag begnadigt und verlässt das Gefängnis im Alter von 60 Jahren. An einer katholischen Schule in Columbus, Ohio, unterrichtet Mildred Gillars danach. 1973 meldet sie sich wieder an der Uni an und holt ihren Bachelor in Sprachen nach, die sie danach auch weiter unterrichtet. 1988 stirbt sie im Alter von 87 Jahren an Dickdarmkrebs.