Rundfunkgeschichte vom 29. April
Ein Weihnachtslied kann auch ein geheimes Zeichen sein – jedenfalls, wenn es Ende April ausgestrahlt wird. Mag sein, dass es am Nordpol noch passt, aber nicht im tropischen Südostasien. Aber der US-Militärradiosender in Saigon spielt den Song am Morgen des 29. April 1975. Die in der Stadt verbliebenen US-Bürger und andere westliche Ausländer wissen, was das Signal zu bedeuten hat: Die heiße Phase der Evakuierung ist gekommen, der Vietcong steht kurz vor der Stadt und damit vor dem Sieg im Vietnamkrieg.
Schon Ende März beginnt die US-Botschaft in Saigon damit, das eigene Personal, die familien und andere Ausländer auszufliegen. Doch am 4. April kommt es dabei zu einer Katastrophe: Ein Transportflugzeug vom Typ C-5 Galaxy muss notlanden, 130 Menschen sterben. Zurückgegriffen wird daher auf kleinere Maschinen, in denen aber weniger Menschen Platz finden. Auf dem Flughafen von Saigon spielen sich dramatische Szenen ab. Nach einem Raketenangriff sind auch die Startbahnen zerstört, nun geht die Evakuierung nur noch per Hubschrauber. Diese fliegen aufs Meer und zu den dort wartenden Flugzeug- und Hubschrauberträgern. Es ist die Operation „Frequent Wind“ – eingeleitet vom Song „White Christmas“.