Rundfunkgeschichte vom 20. Februar
Im Jahr 1971 gibt es einen bemerkenswerten Fehlalarm, den Militärexperten als „völliges Fiasko“ bezeichnen. Was ist passiert? Im NORAD, dem Nordamerikanischen Luftverteidigungskommando in Colorado Springs packt der zuständige Mitarbeiter W. S. Eberhardt um 9.33 Uhr den falschen Lochstreifen in seinen Fernschreiber – es ist nicht der Lochstreifen mit einer Testnachricht, sondern der mit dem echten Alarm, vorgesehen zum Beispiel für einen Atomangriff: „This is an emergency action notification (EAN) directed by the President. Normal broadcasting will cease immediately.“ Auf Deutsch: “Dies ist eine vom Präsidenten angeordnete Notfallmeldung. Der normale Sendebetrieb wird sofort eingestellt.”
Die Folge: Dutzende Radio und Fernsehsender unterbrechen sofort ihr laufendes Programm. Bob Sievers ist gerade beim Sender WOWO auf Sendung:
https://www.youtube.com/watch?time_continue=128&v=vgnPHbDjbRU&feature=emb_title
Es dauert zehn Minuten, bis die Zuständigen im NORAD begreifen, was passiert ist. Doch sie können den Abbruchcode nicht finden, mit der die Notfallmeldung gestoppt werden kann. Schließlich greift das Pentagon ein. Mehr als eine halbe Stunde lang laufen die vorbereiteten Ansagen über die Sender. Jedenfalls bei denen, die die Mitteilung erhalten – viele aber bemerken gar nicht, dass eine Alarmmeldung eingelaufen ist. Beides ist verdammt ärgerlich für die Offiziellen: Denn eigentlich sollen alle Sender nach Erhalt der Alarmmeldung sofort den Betrieb einstellen und eben nicht weitersenden. Feindliche Flugzeuge oder Raketen sollen nämlich die Sendesignale nicht als Zieleinrichtungen benutzen können. Verblüffend ist für alle Beobachter auch, dass die Hörer und Zuschauer kaum mit Spannung oder Aufregung reagieren. Eine Alarmmitteilung? Ach, mal abwarten…
Der Zivilangestellte, der leider zum falschen Lochstreifen gegriffen hat. Will überraschenderweise nicht mit Reportern reden. „Es war ein menschlicher Fehler, der sehr leicht passieren kann und der passiert ist. That’s it“, so W.S. Eberhardt 1971.
Eigentlich soll das EBS, das Emergency Broadcasting System, dafür sorgen, dass der Präsident binnen zehn Minuten zur gesamten Nation sprechen kann. Da muss noch nachgebessert werden. Denn die Öffentlichkeit ist stinksauer. Die „New York Times“ fragt, ob ein so kleiner menschlicher Fehler vielleicht auch zum Abschuss von Raketen führen kann.