Rundfunkgeschichte vom 03. August
Als zwei Bretter aufeinanderkrachen, um eine zugeschlagene Tür zu simulieren, beginnt eine neue Ära: Der gerade neu eingerichtete Radiosender WGY in Schenectady, US-Bundesstaat New York, ein Sender der General Electric Company, strahlt am 3. August 1922 das erste Hörspiel aus, das jemals im Radio auf Sendung geht: „Der Wolf“ von Autor Eugene Walter. Adaptiert wird es von Theatermacher Edward H. Smith, heraus kommt ein 40 Minuten langes Hörspiel. Die Macher haben Sorge, dass ein längeres Hörspiel möglicherweise die Aufmerksamkeisspanne des Publikums zu sehr herausfordert.
Aufgeführt wird es live von mehreren Schauspielerinnen und Schauspielern, da hochwertige Aufzeichnungsmöglichkeiten fehlen. Deren Namen sind sogar noch überliefert: Viola Karwowska, Frank Finch, James S. B. Mullarkey, Henry Miller und auch der Autor Edward H. Smith selbst ist mit von der Partie.
Die Ausstrahlung ist ein voller Erfolg: Mehr als 2000 Briefe von Zuhörern erreicht den Sender aus einem Umkreis von mehr als 700 Kilometern. Ein Brief aus Pittsfield, US-Bundesstaat Massachusetts, berichtet sogar davon, dass ein Polizist ins Zimmer des Zuhörers lief, als er durch ein Fenster Schreie hörte. Die stammten aber nicht von einem Verbrechensopfer, sondern kamen aus dem Radio.
Im Wochenrythmus werden nun Stücke aufgeführt. Anfangs tragen die Schauspieler sogar Kostüme und Make-up, um die Schauspielkunst zu verbessern. Auch ein richtiges Orchester spielt. Im Jahr 1923 besucht Guglielmo Marconi die Studios in Schenectady.
WGY ist die Flagschiff-Station der General Electric-Gruppe von 1922 bis 1983. Die Frequenz 810 kHz wird immer mit diesem Sender verbunden sein, der am Tag den Nordosten und nachts den gesamten Osten der USA abdecken kann.