Rundfunkgeschichte vom 22. Mai
Am 22. Mai 1922 wird die Deutsche Stunde gegründet. Sie beantragt sofort eine Sendegenehmigung bei der Reichspost. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Aufgabe der Deutschen Stunde „die gemeinnützige Veranstaltung von öffentlichen Konzerten und Vorträgen, belehrenden, unterhaltenden sowie alle weitere Kreise der Bevölkerung interessierenden Darbietungen auf drahtlosen Wege im Deutschen Reiche“.
Der Rundfunk steckt zu dieser Zeit in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Zwar haben erste Sendungen schon für Furore gesorgt, aber es gibt de facto keinen wirklichen Rundfunk. Anders als beispielsweise in den USA soll Radiohören in Deutschland ein Gemeinschaftserlebnis sein, so stellen es sich die Macher vor. Die Deutsche Stunde konzipiert ihr Programm als so genannten „Saalfunk“, der in Kino- und andere Versammlungsräume übertragen werden soll. Doch der Erfolg bleibt aus, das liegt an der noch schlechten Ton- und Übertragungsqualität und auch an der mangelnden Qualität der verwendeten Lautsprecher – mit Kopfhörern versteht man die Sendungen besser. Daher wird der Plan eines zentralisierten deutschen Rundfunks erst einmal aufgegeben.
Private Investoren gründen aber schon bald gemeinsam mit der Reichspost regionale Rundfunkgesellschaften. 1923 gründet sich der erste Radioclub in Berlin, außerdem entsteht der Verband der Rundfunkindustrie. Die erste Unterhaltungssendung im Radio wird am 29. Oktober 1923 ausgestrahlt.
Rundfunkgeschichte vom 20. Mai
Der Erfinder Emil Berliner wird am 20. Mai 1851 in Wolfenbüttel geboren. Schon in jungen Jahren wandert er in die USA aus. Dort entwickelt er im Jahr 1877 ein funktionierendes Mikrofon, das mit Kohlekontakten arbeitet, die eine leitende Verbindung herstellen. Die Erfindung verkauft er für 50000 US-Dollar an die Bell Telephone Company, die es im neu gerade erst entwickelten Telefon einsetzt.
Berliner ruht sich nicht aus, sondern investiert das Geld in ein Forschungslabor. Er gründet eine die erste europäische Gesellschaft zur Produktion von Telefonteilen, meldet 1887 ein Patent auf einen scheibenförmigen Tonträger an, in den eine Rille geritzt und so Schwingungen konserviert werden – die Schallplatte ist geboren. Bestandteil des Patents ist auch ein Aufnahme- und Abspielgerät, das ursprüngliche Grammophon. Der große Vorteil der Schallplatte gegenüber dem Tonzylinder von Thomas Alva Edison ist, dass Schallplatten industriell und schnell hergestellt werden können, während die Tonzylinder einzeln zu bespielen sind.
Aber auch Erfindungen aus anderen Bereichen gehen auf Berliners Konto: So ein besonderer Parkettboden und ein Hubschrauber. Berliner stirbt im Jahr 1929 in Washington, D.C.
Rundfunkgeschichte vom 19. Mai
Und wenn es vielleicht nicht ganz wahr ist, so ist es doch eine nette Anekdote: Am 19. Mai 1926 ist Erfinderlegende Thomas Edison bei einem gesetzten Essen der National Electric Light Association in Atlantic City (US-Bundesstaat New Jersey) dabei. Als er gebeten wird, in ein Mikrofon zu sprechen, um einige Worte zu sagen, ist er etwas baff und bringt nur heraus: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist das erste Mal, das ich in eines von diesen Dingern spreche. Gute Nacht!“
Kann es wirklich sein, dass Edison erst mit 79 Jahren zum ersten Mal ein Mikrofon in der Hand hält? Immerhin hat er ja schon 1878 das Patent für seinen Phonographen erhalten. Die Maschine ist eine Art Diktiergerät, arbeitet aber tatsächlich ohne Mikrofon. Ein Schalltrichter nimmt das akustische Signal auf, er endet in einer kleinen Nadel. Diese berührt einen Zylinder, der mit Zinn überzogen ist und sich dreht. Wenn man in den Schalltrichter spricht, gerät die Nadel im Takt des Schalls ins Schwingungen und fräst eine Rille ins Wachs. Wenn man nun die Nadel an den Anfang der Rille setzt und der Zylinder sich dreht, erklingt der „aufgezeichnete“ Schall wieder aus dem Trichter.
Rundfunkgeschichte vom 16. Mai
Der Ingenieur Jack Mullin zeigt am 16. Mai 1947 das Magnetophon auf dem Kongress des Institute of Radio Engineers. Das Tonbandgerät ist eines der ersten Aufnahmegeräte, das Magnetband für die Aufnahme von Sprache und Musik verwendet. Mullins Recorder sorgt für Aufsehen und viele Zuhörer können den Unterschied zwischen der aufgenommenen und der Live-Performance nicht erkennen. Auch Bing Crosbys technischer Direktor bekommt die Vorführung mit, sein Chef ist von der erstaunlichen Klangqualität beeindruckt und erkennt sofort das große kommerzielle Potenzial der neuen Geräte. Crosby ist zu dieser Zeit wohl der größte Star im Radio.
Bis zu diesem Zeitpunkt werden die meisten voraufgezeichneten Programme wie Serien und Dramen auf Schallplatte produziert, aber Live-Musik ist zu dieser Zeit der Standard im amerikanischen Radio.
Die Idee der Tonaufzeichnung auf Magnetband hat Mullin allerdings nicht selbst gehabt, sondern einigermaßen schamlos kopiert: Deutsche Techniker haben es geschafft, schon 1940 Magnetbänder zu entwickeln, die von ausgezeichneter Qualität sind. Als US-Soldat ist Mullin dafür eingeteilt, alle Geheimnisse dieser Art von Tonaufzeichnung herauszufinden. Er leistet ganze Arbeit, nimmt 1945 zwei AEG-Tonbandmaschinen und 50 Magnetbänder der IG Farben mit in die US. Zwei Jahre lang analysierte er die Funktionsweise und verbesserte die Maschinen.
Rundfunkgeschichte vom 15. Mai
Die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft RRG wird am 15. Mai 1925 gegründet. Sie ist die Dachorganisation neun regionaler Rundfunkgesellschaften. 1926 übernimmt die Deutsche Reichspost die Mehrheit der Geschäftsanteile der RRG. Hans Bredow wird zum „Reichs-Rundfunk-Kommissar“ und Vorsitzenden der RRG ernannt. Als Staatssekretär im Reichspostministerium ist er nun der erste Mann für den Rundfunk in Deutschland und treibt den Ausbau der Senderinfrastruktur voran.
Schon 1919 hat Bredow einen Vortrag über die Möglichkeiten eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehalten. Er fordert „Rundfunk für jedermann“, eine Art „gesprochene Zeitung“. An einen Unterhaltungswert des Rundfunks glaubt außer ihm aber zunächst kaum jemand. Das ändert sich 1920, als ein Weihnachtskonzert für Furore sorgt. Empfangen werden kann es nämlich überall in Mitteleuropa. Jubel-Telegramme treffen zum Beispiel aus Skandinavien, Luxemburg, den Niederlanden und England ein. Der Bann ist gebrochen. 1921 verwendet Bredow zum ersten Mal öffentlich die deutsche Bezeichnung „Rundfunk“ für das bisher überall gebräuchliche Wort „Radio“.
Als die Nazis 1933 in die Regierung eintreten, reicht Bredow am selben Tag seinen Rücktritt ein. Als seine engsten Mitarbeiter verhaftet werden, bittet er in einem Telegramm an Reichspräsident von Hindenburg und Reichskanzler Hitler um ihre Freilassung - im Falle der Ablehnung verlangt er, ihr Schicksal zu teilen. Daraufhin wird auch er verhaftet und 16 Monate in U-Haft festgehalten.
Mit der Gleichschaltung zum 1. April 1934 wird die RRG in „Reichssender“ umbenannt. 1939 wird dann auf Veranlassung von Propagandaminister Joseph Goebbels für den Reichsrundfunk die Bezeichnung „Großdeutscher Rundfunk“ eingeführt, für das Ausland werden Programme unter dem Namen Germany Calling produziert. Die Liquidation der RRG wird 1951 beschlossen, ihr Programmvermögen in Form von mit 3600 Tonbändern befindet sich heute im Deutschen Rundfunkarchiv (DRA) am Standort Frankfurt am Main.
Rundfunkgeschichte vom 12. Mai
Wer kennt Nathan B. Stubblefield? Vermutlich die wenigstens. Der Erfinder und hauptberufliche Melonenfarmer erhält allerdings am 12. Mai 1908 ein US-Patent für sein drahtloses Telefon, das das Sprachfrequenz-Induktionssystem nutzt.
Für erste Experimente mit „drahtloser“ Sprachübertragung nutzt Stubblefield im Jahr 1902 eine von ihm entwickelte „Erdbatterie“. Tatsächlich erfolgt die Sprachübertragung zwar ohne Kabelverbindung, jedoch handelt es sich nicht um eine Funkübertragung, da der Erfinder die Erde zwischen zwei Eisenpfählen als elektrischen Leiter nutzt, wie dies auch bei den Erdtelegrafen der Fall ist. Öffentlich demonstriert er die Sprach- und Musikübertragung an fünf Empfangsstellen auf dem Gerichtsplatz in seiner Heimatstadt Murray und später auch in Washington, D.C. und Philadelphia. Seine Experimente werden in führenden Fachzeitschriften diskutiert.
In gewisser Weise ist er einer der Väter des Rundfunks. Schon 1902 sagt er dem Reporter des St. Louis Post Dispatch: „Zum Beispiel könnte jeder, der ein Empfangsgerät hat, das nur aus einem Telefonhörer besteht, mit einem Signal von einer Sendestation über Wetternachrichten informiert werden. Mein Apparat ist in der Lage, sowohl ein Gongsignal als auch Sprachnachrichten auszusenden. Letztendlich wird er für die allgemeine Übermittlung von Nachrichten jeder Art verwendet werden.“
Stubblefields zweite, 1908 patentierte Erfindung nutzt die Elektromagnetische Induktion dazu, Sprache oder Musik auf kurzen Distanzen zu übertragen. Die Idee: Auf beiden Seiten von Flüssen, Straßen oder Eisenbahnlinien werden auf Telegrafenmasten vieladrige Kabel aufgebaut, deren Adern eine dem Verkehrsweg folgende, sehr langgestreckte Spule bilden. An diese Spule wird über ein zwischengeschaltetes Mikrofon eine starke Spannung angelegt, so dass das elektrische Feld eine Spannung in einer kleineren Spule induziert, die auf das Dach eines auf dem Verkehrsweg fahrenden Fahrzeugs montiert ist. Dort soll man die Nachricht hören können.
Im Gegensatz zu den in der Funktechnik verwendeten Radiowellen nutzt Stubblefield niederfrequente Ströme und kann daher nur eine Reichweite von einigen Metern realisieren. Auch ist der Aufwand, die riesigen Spulen entlang der Verkehrswege aufzubauen, immens. Das Konzept wird daher nie realisiert. Der Erfinder selbst hat kein Glück mit seinen Ideen: Er wird von seinen Investoren ausgebootet und stirbt 1928 verarmt.
Rundfunkgeschichte vom 11. Mai
Der Komponist Irving Berlin wird am 11. Mai 1888 in Russland geboren, sein Geburtsname ist Israel Isidore Beilin. Er wird als einer der großartigsten Songwriter der US-amerikanischen Geschichte angesehen.
Mit fünf Jahren kommt er mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten. Nach dem frühen Tod des Vaters muss er wie seine Geschwister den Lebensunterhalt selbst verdienen. Früh verlässt er die Schule und arbeitet als Zeitungs- und Botenjunge. Mit 14 reißt er von zu Hause aus und arbeitet als „Singender Kellner“ in einem New Yorker Café, dabei bringt er sich selbst ein wenig Klavierspielen bei. Da er nach Gehör spielt, nimmt er der Einfachheit halber nur die schwarzen Tasten. Noten lesen kann er nicht.
Der Song „Alexander’s Ragtime Band“ bringt Irving Berlin 1911 Weltruhm. Von da geht es für den ehemaligen Straßenjungen nur noch bergauf. Ob es um Broadway-Musicals geht oder um Filme, um humorvolle Songs oder romantische Balladen - seine Kompositionen werden gefeiert für ihre ansprechenden Melodien und einprägsamen Texte. Zu seinen populärsten Songs gehören „There's No Business Like Show Business“, „God Bless America“ und „White Christmas“. Im Jahr 1968 erhält Berlin einen Grammy Lifetime Achievement Award. Er stirbt 1989 im Alter von 101 Jahren an einer Herzattacke.
Rundfunkgeschichte vom 10. Mai
Der 10. Mai 1982 ist als „Tag, an dem die Musik starb“ in die Radiogeschichte eingegangen. Denn an diesem Tag ändert der bekannte New Yorker Sender WABC sein Format vom Musiksender zum Talkradio. Für die Discjockeys und Hörer der früheren Top-40-Station ist es ein trauriger Tag – auch wenn das Talkformat ein grandioser Erfolg ist.
Der Sender hört an diesem Tag nicht nur auf, Schallplatten zu spielen, sondern besiegelt mit dem Schritt auch das Ende der Top 40-Musik auf Mittelwellensendern, die mehr als drei Jahrzehnte lang ein fester Bestandteil des Rundfunkprogramms gewesen ist. Der Rock 'n' Roll hat sozusagen das Radio im Fernsehzeitalter gerettet. WABC ist nicht der erste große Radiosender, der dieses Format übernimmt, aber wird schnell zum erfolgreichsten. Mit einem 50 000-Watt-Signal, das das gesamte New Yorker Stadtgebiet abdeckt, hat WABC einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten und wird 1962 zur Nummer 1 in der Stadt.
Nur die Hits spielen, das ist das Erfolgsrezept: Der Top-Song ist fast jede Stunde zu hören. Außerdem gehen Persönlichkeiten on air, die für immer mit dem Sender identifiziert werden, beispielsweise Ron Lundy, Dan Ingram und Harry Harrison. WABC setzt auch voll auf den Beatles-Erfolg und so singen während deren ersten US-Tournee Tausende von Teenagern die Jingles des Senders vor dem New Yorker Hotel der Band.
Auf dem Höhepunkt in den frühen 1970er Jahren hat WABC ein Publikum von sieben Millionen Hörern pro Woche, das ist in der Radiogeschichte unübertroffen. Wie es sich angehört hat? Es gibt eine exzellente Tribute-Website unter https://musicradio77.com/
Aber mit der steigenden Popularität von UKW verliert WABC viele Hörer an die Konkurrenz. 1982 dann der radikale Schnitt, über den auch im nationalen Fernsehen berichtet wird: https://youtu.be/YCthwOdTsJI
Anfangs reagieren die Hörer verschreckt, doch heute ist WABC der meistgehörte Talk-Sender in New York City.
Rundfunkgeschichte vom 07. Mai
Wer ist wirklich Gold wert? Eindeutig der Song „Chattanooga Choo Choo“, den die Glenn Miller Band am 7. Mai 1941 aufnimmt:
Der Song von Mack Gordon und Komponist Harry Warren spielt auch eine wichtige Rolle in dem Revuefilm „Adoptiertes Glück“ (Originaltitel: „Sun Valley Serenade“). „Chattanooga Choo Choo“ war der erste Song in den USA, der mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurde, für den Verkauf von 1,2 Millionen Exemplaren.
Rundfunkgeschichte vom 06. Mai
Am 6. Mai 1915 wird George Orson Welles in Kenosha (US-Bundesstaat Wisconsin) geboren. Er gilt als einer der künstlerisch einflussreichsten Regisseure des Kinos. Sein erster Kinofilm, „Citizen Kane“, wird oft als das bedeutendste Werk der Filmgeschichte bezeichnet. Doch Welles ist auch für Radio und Theater ein bedeutender Erneuerer.
In den 1930er Jahren werden soziale Projekte von der Regierung unterstützt und Welles inszeniert in New York Werke von Shakespeare. Weit über die Grenzen der Ostküsten-Metropole hinaus wurde er durch seine Arbeit fürs Radio bekannt. Er spricht die Titelfigur in der Hörspielreihe „The Shadow“ und produziert mit seiner Theatertruppe Literaturklassiker. Den Auftakt des „Mercury Theater on the Air“ ist am 11. Juli 1938 „Dracula“.
Weltweite Bekanntheit erlangt Orson Welles durch das Hörspiel „War of the Worlds“ („Krieg der Welten“) nach der Vorlage des Science-Fiction-Romans von H.G. Wells. Ausgestrahlt wird es 1938 am 30.10., dem Vorabend von Halloween. Die fiktive Reportage löst an der Ostküste der USA eine Massenpanik aus, in New York stürzen die Menschen schreiend vor Angst auf die Straßen. Der Inhalt: Das ländliche England wird aus heiterem Himmel von Meteoriteneinschlägen heimgesucht - so hat es am Anfang des Hörspiels den Anschein. Später stellt sich heraus, dass es sich um Raumschiffe handelt, die vom Mars aus auf die Erde geschossen worden sind. Ihnen entsteigen bald außerirdische Wesen, die mit den Menschen nichts Gutes im Sinn haben, sondern die sie vernichten wollen, um sich die Erde untertan zu machen.
So künstlerisch außergewöhnlich Welles auch arbeitete, mit multiperspektivischer Erzählweise und Finessen des Soundtracks, so wenig kommerziellen Erfolg hatte er. Das gilt für „Citizen Kane“ wie für spätere Werke. Welles geht seine Projekte stets mit großen Ambitionen an, wobei er aber häufig in Produktionswirren verstrickt wird und regelmäßig scheitert. Um sich Geld zu beschaffen, nimmt er als Schauspieler jede Rolle an, wirkt in über 100 Filmen mit, darunter auch in Werbespots, was seinem öffentlichen Ansehen als Künstler nicht zuträglich ist. Er stirbt am 10. Oktober 1985 in Los Angeles im Alter von 70 Jahren.