Rundfunkgeschichte vom 08. August

Es gibt einen gewaltigen Krach, am 08. August 1991 um genau 19.10 Uhr, in Konstantynów in Polen. Das höchste Bauwerk der Welt stürzt ein, der 646,38 Meter hohe Sendemast, auch Radio-Warschau-Mast genannt. 15 Sekunden dauert es, dann ist der 1974 errichtete Turm nur noch ein Gewirr aus Stahlträgern, Seilen und Kabeln.

Was war geschehen? Bei einer Reparaturmaßnahme löste sich eines von zwei montierten Hilfsseilen aus seiner Verankerung. Das zweite Seil riss daraufhin, weil die zusätzliche Last zu groß war. Der obere Teil des Mastes brach auseinander und stürzte auf die unteren Teile, die ebenfalls nachgaben und zu Boden krachten.

Eine Untersuchung ergab, dass die Instandhaltung des Sendemastes mangelhaft war. Das höchste Bauwerk der Welt war schlicht vernachlässigt worden. So konnte das Versagen eines einzigen schadhaften Teiles zu einer Kettenreaktion führen, die die gesamte Konstruktion zerstörte.

Der Sender hatte das 1. Programm des Polnischen Radios auf Langwelle 227 kHz ausgestrahlt. Es war damit bis nach Kasachstan, Irak, Iran und fast ganz Europa zu empfangen.


Rundfunkgeschichte vom 05. August

Die Schlagzeile der „New York Times“ am 5. August 1966 ist eindeutig: „Kommentar zu Jesus führt zu einem Radioverbot gegen die Beatles.“ Etliche US-Sender spielen die Beatles nicht mehr, warum? Es sind Aussagen von John Lennon, die fünf Monate vorher in einer britischen Zeitung gedruckt wurden, am 4. März vom „Evening Standard“. Die USA sind in Aufruhr. Denn es geht um Jesus. Aber warum gibt es erst so eine späte Reaktion?

Zuerst einmal: Was hat John Lennon eigentlich gesagt? Es war das hier: „Christianity will go. It will vanish and shrink. I needn't argue about that; I'm right and I'll be proved right. We're more popular than Jesus now; I don't know which will go first – rock 'n' roll or Christianity. Jesus was all right but his disciples were thick and ordinary. It's them twisting it that ruins it for me.“

Übersetzt auf Deutsch lautet der Absatz also: „Das Christentum wird vergehen. Es wird verschwinden und schrumpfen. Darüber brauche ich nicht zu diskutieren; ich habe recht und ich werde recht behalten. Wir sind gerade populärer als Jesus; ich weiß nicht, was zuerst dahinscheiden wird – Rock'n'Roll oder das Christentum. Jesus war in Ordnung, aber seine Jünger waren dumm und einfältig. Ihr Verdrehen verdirbt die Sache für mich.“

In Großbritannien hat die Aussage keine große Reaktion hervorgerufen – nicht einmal von der Kirche. Der Pressesprecher der Beatles, Tony Barrow, bietet daher dem Jugendmagazin „Datebook“ die Interviews an, in denen die kontroversen Worte fielen. Barrow glaubt, dass es wichtig sei, den Fans zu zeigen, dass die Beatles nicht schlichte Popmusik machten, sondern auch intellektuell anspruchsvollere Arbeiten produzierten.

Im Juli 1966 werden die Interviews in „Datebook“ abgedruckt, allerdings mit dem Zitat von Lennon über das Christentum auf der Titelseite. Im Sender WAQY in Alabama fragen die Moderatoren nach der Meinung der Hörer. Das wiederum bekommt der Büroleiter einer Nachrichtenagentur mit. Ungefähr zwei Dutzend Radiosender folgen WAQYs Ankündigung, fortan keine Beatles-Songs mehr zu senden. Manche Sender im Süden der USA organisieren Demonstrationen, die Horden an Teenagern anziehen und bei denen öffentlich Beatles-Alben und Fanartikel verbrannt werden. Auch in Mexiko und Spanien kommt es zu Demonstrationen. Der Vatikan verurteilt Lennons Kommentare in einer öffentlichen Verlautbarung.

Am 11. August 1966 beginnen die Beatles ihre US-Tournee. Etliche Konzerte werden behindert oder abgesagt. George überlege ernsthaft die Band zu verlassen, wird aber überredet zu bleiben, unter der Bedingung, dass die vier nur noch Songs im Studio produzieren und keine Auftritte mehr geben würden.


Rundfunkgeschichte vom 03. August

Als zwei Bretter aufeinanderkrachen, um eine zugeschlagene Tür zu simulieren, beginnt eine neue Ära: Der gerade neu eingerichtete Radiosender WGY in Schenectady, US-Bundesstaat New York, ein Sender der General Electric Company, strahlt am 3. August 1922 das erste Hörspiel aus, das jemals im Radio auf Sendung geht: „Der Wolf“ von Autor Eugene Walter. Adaptiert wird es von Theatermacher Edward H. Smith, heraus kommt ein 40 Minuten langes Hörspiel. Die Macher haben Sorge, dass ein längeres Hörspiel möglicherweise die Aufmerksamkeisspanne des Publikums zu sehr herausfordert.

Aufgeführt wird es live von mehreren Schauspielerinnen und Schauspielern, da hochwertige Aufzeichnungsmöglichkeiten fehlen. Deren Namen sind sogar noch überliefert: Viola Karwowska, Frank Finch, James S. B. Mullarkey, Henry Miller und auch der Autor Edward H. Smith selbst ist mit von der Partie.

Die Ausstrahlung ist ein voller Erfolg: Mehr als 2000 Briefe von Zuhörern erreicht den Sender aus einem Umkreis von mehr als 700 Kilometern. Ein Brief aus Pittsfield, US-Bundesstaat Massachusetts, berichtet sogar davon, dass ein Polizist ins Zimmer des Zuhörers lief, als er durch ein Fenster Schreie hörte. Die stammten aber nicht von einem Verbrechensopfer, sondern kamen aus dem Radio.

Im Wochenrythmus werden nun Stücke aufgeführt. Anfangs tragen die Schauspieler sogar Kostüme und Make-up, um die Schauspielkunst zu verbessern. Auch ein richtiges Orchester spielt. Im Jahr 1923 besucht Guglielmo Marconi die Studios in Schenectady.

WGY ist die Flagschiff-Station der General Electric-Gruppe von 1922 bis 1983. Die Frequenz 810 kHz wird immer mit diesem Sender verbunden sein, der am Tag den Nordosten und nachts den gesamten Osten der USA abdecken kann.


Rundfunkgeschichte vom 02. August

Der Erfinder und Großunternehmer Alexander Graham Bell stirbt am 2. August 1922. Er gilt in den USA und Großbritannien als Erfinder des Telefons. Doch die eigentliche Erfindung des Telefons, Sprache auf elektrischem Wege zu übertragen, geht auf den Deutschen Philipp Reis zurück. Bells Verdienst liegt in der Anwendung von Wechselströmen, die durch elektromagnetische Induktion erzeugt werden. Dennoch geht die Entwicklung der Telephonie von seinem Telefonapparat aus, da dieser auf Anhieb für den täglichen Gebrauch eingesetzt werden kann. Bell ist auch der Gründer der American Telephone and Telegraph Company (AT&T) im Jahr 1885.

Sein Vater, Großvater und Bruder beschäftigen sich alle mit Rhetorik und Sprache beschäftigt und sowohl seine Mutter als auch seine Frau sind taub, was Bells Lebenswerk stark beeinflusst. Seine Forschungen über Gehör und Sprache lassen ihn mit Hörgeräten experimentieren, 1876 bekommt er das erste US-Patent für das Telefon. Bell selbst weigert sich übrigens zeitlebens, ein Telefon in seinem Arbeitszimmer zu haben – das sieht er als Eingriff in seine eigentliche Arbeit als Wissenschaftler.

Wer einmal hören möchte, wie Bells Stimme klang – hier ein spannendes Video:
https://www.youtube.com/watch?v=4lJ6Pwb15JY


Rundfunkgeschichte vom 01. August

Der Musiksender MTV geht 1981 auf Sendung – mit dem Video des Songs „Video Killed The Radio Star“ der Gruppe Buggles. Der Song ist eine Hommage an die goldenen Zeiten des Radios: „I heard you on the wireless back in fifty two/ Lying awake intent at tuning in on you...“ Übersetzt beginnt der Song also so: „Ich hab dich '52 im Radio gehört / hab wachgelegen, weil ich unbedingt deine Sendung hören wollte...“

Bruce Woolley, Trevor Horn und Geoff Downes hatten den Song 1979 zusammen mit Linda Jarmin aufgenommen und er wurde ein Smashhit, perfekt passend für den Beginn der neuen Synthetic Pop-Welle. Am 20.10.1979 wurde der Song die Nummer 1 der britischen Hitparade, blieb allerdings nur für eine Woche an der Spitze.

MTV war bei Sendestart das erste Spartenprogramm, das sich auf Musikvideos konzentrierte. Allerdings gab es zum Sendestart im US-Kabelfernsehen noch gar keine große Zahl von Videos. Schnell erkannte allerdings die Musikindustrie die Bedeutung eines professionellen Musikvideos. Es entwickelten sich über die Jahre 50 regionale Ableger in Afrika, Asien, Australien, Europa, Lateinamerika, Nordamerika und im Nahen Osten. Inzwischen verzichtet MTV auf Musikvideos und zeigt eher Reality-Sendungen.


Rundfunkgeschichte vom 30. Juli

Ganz hoch hinaus wollen die polnischen Rundfunkmacher: Sie bauen das höchste Bauwerk der Welt, einen 646,38 Meter hohe Sendemast in Konstantynów, der auch Radio-Warschau-Mast genannt wird. Am 30. Juli 1974 wird er eingeweiht. Der Sender strahlt das 1. Programm des Polnischen Radios auf Langwelle 227 kHz aus, kann bis nach Kasachstan, Irak, Iran und in fast ganz Europa empfangen werden. Doch nichts hält ewig: Am 08. August 1991 um genau 19.10 Uhr gibt es einen gewaltigen Krach – der Turm stürzt ein. 15 Sekunden dauert es, dann ist der Turm nur noch ein Gewirr aus Stahlträgern, Seilen und Kabeln.

Was ist geschehen? Bei einer Reparaturmaßnahme löst sich eines von zwei montierten Hilfsseilen aus seiner Verankerung. Das zweite Seil reißt daraufhin, weil die zusätzliche Last zu groß ist. Der obere Teil des Mastes bricht auseinander und stürzt auf die unteren Teile, die ebenfalls nachgeben und zu Boden krachen. Eine Untersuchung ergibt, dass die Instandhaltung des Sendemastes mangelhaft war. Das höchste Bauwerk der Welt ist schlicht vernachlässigt worden. So konnte das Versagen eines einzigen schadhaften Teiles zu einer Kettenreaktion führen, die die gesamte Konstruktion zerstörte.

Auch ohne das Unglück wäre der Mast heute nur noch das zweithöchste Gebäude der Welt: Der Burj Khalifa in Dubai ist höher, seit dem 19. Mai 2008, an dem er 649,70 Meter erreichte. Acht Monate später waren die Bauarbeiten abgeschlossen und der Turm 829,80 Meter hoch.


Rundfunkgeschichte vom 27. Juli

Eine Radiooper? Ist das eine Oper, die im Radio gesendet wird? Nicht ganz, es ist eine Oper, die ausschließlich dafür geschrieben wird, im Radio aufgeführt zu werden – und eben nicht auf der Bühne. Manchmal wird sie auch Funkoper genannt.

Als erste Radiooper überhaupt gilt Gustav Kneips Märchenoper „Christkinds Erdenreise“, sie wird an Heiligabend 1929 von der Westdeutschen Rundfunk AG gesendet. Der maßgebliche Vorreiter dieser Hör-Gattung wird der „Der Ozeanflug“ angesehen, mit dem Text von Berthold Brecht und der Musik von Kurtl Weill und Paul Hindemith. Ausgestrahlt am 27. Juli 1929 im Rahmen des Festivals „Deutsche Kammermusik“ in Baden-Baden.

Brecht geht es in dem Stück um ein „Spannungsverhältnis zwischen Individuum, technischem Fortschritt und politischer beziehungsweise historischer Situation“. So wird „Der Ozeanflug“ ein experimentelles Bühnenstück: „Er ist ein Lehrgegenstand“, betont der Schriftsteller.

Ursprünglich trägt die Oper den Titel „Der Lindberghflug“, allerdings besteht Brecht später darauf, den Titel zu ändern. „Lindbergh hat bekanntlich zu den Nazis enge Beziehungen unterhalten“, so Brecht 1950, „Sein damaliger enthusiastischer Bericht über die Unbesieglichkeit der Nazi-Luftwaffe hat in einer Reihe von Ländern lähmend gewirkt.“


Rundfunkgeschichte vom 25. Juli

Putschisten stürmen einen Rundfunksender – das ist mehrfach in der Geschichte passiert. Am 25. Juli 1934 kommt es in der österreichischen Hauptstadt Wien zu blutigen Szenen. Nationalsozialistische Putschisten, die illegale „SS-Standarte 89“ will durch einen Putsch den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich erzwingen. Zur Tarnung ziehen sie Uniformen des österreichischen Bundesheeres an. Ein Kommando fährt zum Radiosender RAVAG in der Johannesgasse und zwingen den Nachrichtensprecher eine vorbereitete Meldung zu verlesen, wonach die Regierung von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß gestürzt sei. Diese Meldung ist das vereinbarte Signal zum „Losschlagen“ in den Bundesländern. Dann wird das Programm eingestellt. Um 15 Uhr ist das Funkhaus schon wieder in der Hand der Regierung.

Ein Rollkommando fährt zum Bundeskanzleramt, um die Regierung in Geiselhaft zu nehmen - allen voran den Bundeskanzler. Dieser ist aber gewarnt worden, hat seine Minister weggeschickt. Als er selbst fliehen will, fallen schüsse und Dollfuß wird tödlich getroffen.

Als der italienische „Duce“ Mussolini am Brenner italienische Truppen aufmarschieren lässt, lässt Hitler die Putschisten auflaufen. 13 Nazis werden hingerichtet. In der österreichischen Provinz sterben bei Kämpfen nach dem Juli-Putsch 223 Menschen.


Rundfunkgeschichte vom 23. Juli

Brause-Gigant Coca-Cola startet am 23. Juli 1966 die größte Radiospot-Kampagne seiner Geschichte. An Bord sind Top-Künstler, um den Teenager-Markt zu erobern. Coca-Cola ist 1965 der siebtgrößte Käufer von Sendezeit im Radio und steigt nun zur Nummer 1 der nationalen Radiowerbung auf.

Das Besondere der Kampagne: Jeder Künstler wird in einer anderen Version des „Things Go Better With Coke“-Jingles vorgestellt. Mit dabei sind Petula Clark, die Coasters, die Four Seasons, Freddie and the Dreamers, Wayne Fontana and the Mindbenders, Jan and Dean, Tom Jones, Roy Orbison und - The Supremes. Sie sind hier zu hören:
https://youtu.be/89AmMfpo4v8

Der Jingle wird von William Backer von McCann-Erickson geschrieben. Backer betont, dass jeder Werbespot die Individualität des Künstlers bei der Aufnahme jeder Version von „Things Go Better With Coca-Cola“ bewahren will. Der einzigartige Gesangsstil des jeweiligen Künstlers sollen die Aufmerksamkeit des Zuhörers fesseln.


Rundfunkgeschichte vom 20. Juli

Radiowellen haben in der Menschheitsgeschichte einige ermöglicht – beispielsweise die Übertragung der Mondlandung am 20. Juli 1969. Die Astronauten Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin melden sich vom Mond und die Welt sieht und hört gebannt zu. Es sind schließlich die ersten Worte, die auf einem anderen Himmelskörper gesprochen werden.

Am 21. Juli 1969 um 3.56 Uhr deutscher Zeit spricht Neil Armstrong seine berühmten Worte („Das ist ein kleiner Schritt für den Menschen. Ein großer Sprung für die Menschheit.“). Wer sie sich anhören will, kann sich hier die Tageshighlights des fünften Tags des Apollo 11-Abenteuers herunterladen:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/files/Apollo-11_Day-05-Highlights.mp3

Die Fernsehübertragung der Mondlandung war ein Medienereignis, das von geschätzt 500 bis 600 Millionen Menschen weltweit an den Bildschirmen verfolgt wurde. Jeder zweite Sender weltweit war dabei. Technisch war die Übertragung alles andere als trivial. Westinghouse hatte eine Kamera konstruiert, die auch unter Mond-Bedingungen senden konnte, mit leidlicher Qualität. Mit der Mondfähre war sie durch ein 30 Meter langes Kabel verbunden. Das Fernsehsignal wurde mit Telemetrie-Daten, biomedizinischen Daten und dem Sprechfunk gemischt und über eine kleine Parabolantenne direkt zur Erde übertragen.

Drei Empfangsstationen standen auf der Erde zur Verfügung: Goldstone in den USA sowie das Parkes-Observatorium und Honeysuckle Creek in Australien. Mehrfach musste zwischen den Stationen hin- und hergeschaltet werden. Die längste Zeit lief die weltweite TV-Übertragung über das Parkes-Observatorium, trotz heftiger Winde und anderer Widrigkeiten. Ansehen kann man sie sich im Film „The Dish“ aus dem Jahr 2000.