Rundfungeschichte vom 05. Oktober
Es ist ein Meilenstein im Radiozeitalter: Am 5. Oktober 1947 wird die erste Radiosendung von ABC Radio ausgestrahlt, die auf Magnetband aufgenommen worden ist. Niemand anders als Bing Crosby, zu dieser Zeit wohl der größte Star im Radio. Der Entertainer ist nicht nur Vorreiter der neuen Technik, sondern hat sie derart unterstützt, dass sie überhaupt erst so schnell eingeführt werden konnte.
Bis zu diesem Zeitpunkt werden die meisten voraufgezeichneten Programme wie Serien und Dramen auf Schallplatte produziert, aber Live-Musik ist zu dieser Zeit der Standard im amerikanischen Radio. So wollen die Musikergewerkschaften ihren Mitgliedern eine kontinuierliche Arbeit sichern. Manchmal werden Programme sogar zweimal live gesendet – einmal für die Ost- und dann für die Westküste der USA ein zweites Mal.
Der Ingenieur Jack Mullin zeigt im Mai 1947 das Magnetophon auf dem Kongress des Institute of Radio Engineers. Das Tonbandgerät ist eines der ersten Aufnahmegeräte, das Magnetband für die Aufnahme von Sprache und Musik verwendet. Mullins Recorder sorgt für Aufsehen und viele Zuhörer können den Unterschied zwischen der aufgenommenen und der Live-Performance nicht erkennen. Auch Bing Crosbys technischer Direktor bekommt die Vorführung mit, sein Chef ist von der erstaunlichen Klangqualität beeindruckt und erkennt sofort das große kommerzielle Potenzial der neuen Geräte.
Crosby sieht einen enormen Vorteil in der Vorab-Aufnahme seiner
Radiosendungen: Er hat den Zeitplan in der Hand und kann vier Sendungen pro Woche aufzeichnen und dann einen Monat Pause einlegen. Aber die Sender und Sponsoren sind strikt dagegen. Die Öffentlichkeit werde kein Radio aus der Konserve akzeptieren, denn für die Hörer habe es etwas Magisches, dass das, was sie hörten, überall und genau in diesem Moment gespielt und gehört werde. Crosbys Beharrlichkeit trägt schließlich dazu bei, dass die Magnetbandaufzeichnung weiterentwickelt und von der Rundfunkindustrie weitgehend übernommen wird.
Die Idee der Tonaufzeichnung auf Magnetband hat Mullin allerdings nicht selbst gehabt, sondern schamlos kopiert: Deutsche Techniker haben es geschafft, schon 1940 Magnetbänder zu entwickeln, die von ausgezeichneter Qualität sind. Als US-Soldat ist Mullin dafür eingeteilt, alle Geheimnisse dieser Art von Tonaufzeichnung herauszufinden. Er leistet ganze Arbeit, nimmt 1945 zwei AEG-Tonbandmaschinen und 50 Magnetbänder der IG Farben mit in die USA.
Zwei Jahre lang analysiert er die Funktionsweise und verbessert die Maschinen.