Rundfunkgeschichte vom 12. Mai
Wer kennt Nathan B. Stubblefield? Vermutlich die wenigstens. Der Erfinder und hauptberufliche Melonenfarmer erhält allerdings am 12. Mai 1908 ein US-Patent für sein drahtloses Telefon, das das Sprachfrequenz-Induktionssystem nutzt.
Für erste Experimente mit „drahtloser“ Sprachübertragung nutzt Stubblefield im Jahr 1902 eine von ihm entwickelte „Erdbatterie“. Tatsächlich erfolgt die Sprachübertragung zwar ohne Kabelverbindung, jedoch handelt es sich nicht um eine Funkübertragung, da der Erfinder die Erde zwischen zwei Eisenpfählen als elektrischen Leiter nutzt, wie dies auch bei den Erdtelegrafen der Fall ist. Öffentlich demonstriert er die Sprach- und Musikübertragung an fünf Empfangsstellen auf dem Gerichtsplatz in seiner Heimatstadt Murray und später auch in Washington, D.C. und Philadelphia. Seine Experimente werden in führenden Fachzeitschriften diskutiert.
In gewisser Weise ist er einer der Väter des Rundfunks. Schon 1902 sagt er dem Reporter des St. Louis Post Dispatch: „Zum Beispiel könnte jeder, der ein Empfangsgerät hat, das nur aus einem Telefonhörer besteht, mit einem Signal von einer Sendestation über Wetternachrichten informiert werden. Mein Apparat ist in der Lage, sowohl ein Gongsignal als auch Sprachnachrichten auszusenden. Letztendlich wird er für die allgemeine Übermittlung von Nachrichten jeder Art verwendet werden.“
Stubblefields zweite, 1908 patentierte Erfindung nutzt die Elektromagnetische Induktion dazu, Sprache oder Musik auf kurzen Distanzen zu übertragen. Die Idee: Auf beiden Seiten von Flüssen, Straßen oder Eisenbahnlinien werden auf Telegrafenmasten vieladrige Kabel aufgebaut, deren Adern eine dem Verkehrsweg folgende, sehr langgestreckte Spule bilden. An diese Spule wird über ein zwischengeschaltetes Mikrofon eine starke Spannung angelegt, so dass das elektrische Feld eine Spannung in einer kleineren Spule induziert, die auf das Dach eines auf dem Verkehrsweg fahrenden Fahrzeugs montiert ist. Dort soll man die Nachricht hören können.
Im Gegensatz zu den in der Funktechnik verwendeten Radiowellen nutzt Stubblefield niederfrequente Ströme und kann daher nur eine Reichweite von einigen Metern realisieren. Auch ist der Aufwand, die riesigen Spulen entlang der Verkehrswege aufzubauen, immens. Das Konzept wird daher nie realisiert. Der Erfinder selbst hat kein Glück mit seinen Ideen: Er wird von seinen Investoren ausgebootet und stirbt 1928 verarmt.