Rundfunkgeschichte vom 12. Oktober
In den Golden Zwanzigern kommt der Jazz nach Deutschland und erobert die Herzen des Publikums im Sturm. Berlin wird zur europäischen Metropole des Jazz, es entstehen pausenlos neue Tanzbars. Deutsche Schallplatten-Firmen machen US-Musiker wie Louis Armstrong, Duke Ellington und Benny Goodman populär.
Doch den Nazis ist der Musikstil ein Dorn im Auge. Die afrikanischen Wurzeln sind ihnen suspekt, viele Jazz-Musiker sind jüdischen Glaubens. Außerdem sehen die Nazis ihre Weltanschauung dadurch bedroht, dass der Jazz zu Spontaneität, Improvisation und Individualität aufruft.
Am 12. Oktober 1935 verkündet Reichssendeleiter Eugen Hadamovsky eine einschneidende Maßnahme für den gesamten Rundfunk im Deutschen Reich: „Mit dem heutigen Tag spreche ich ein endgültiges Verbot des Nigger-Jazz für den gesamten deutschen Rundfunk aus.“ Diese Musik sei „eine Angelegenheit von Halbwilden“ und gehöre „in ein Museum für Völkerkunde, nicht aber in ein Kulturinstitut“. Doch besonders konsequent wird das Verbot nicht umgesetzt – wo er nützlich ist, wird der Jazz geduldet. Denn Propagandaminister Goebbels weiß, dass die Musik besonders bei den Jüngeren gut ankommt – auch bei den jungen Soldaten. Daher genießen die Radiosender der Wehrmacht eine große Freiheit, auch Jazz zu senden. Und Goebbels hat sogar eine eigene Jazz-Band: Denn für die Propaganda-Sendungen, die Richtung Großbritannien ausgestrahlt werden, braucht man ja passende Musik.